Was Sie über Fleisch wissen sollten

Von EAT SMARTER
Aktualisiert am 22. Dez. 2022
Fleisch

Die Grillsaison beginnt – doch die Vorfreude auf gesellige Abende im Freien ist bei so manchem getrübt. Wer zu viel Fleisch isst, soll ein höheres Krebsrisiko haben und das Klima schädigen, heißt es zum Beispiel. Aber was ist wirklich dran an den Warnungen? Und wie genießt man Fleisch verantwortungsbewusst und ohne Gesundheitsrisiko? Wir haben bei Experten nachgefragt.

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Fleisch-Fakten 1-6

Inhaltsverzeichnis

  1. Laut einer Studie der WHO sind Wurst und rotes Fleisch krebserregend. Stimmt das?
  2. Essen wir zu viel Fleisch?
  3. Ist Geflügel gesünder?
  4. Darf man nur noch Bio-Fleisch kaufen?
  5. Ist eine vegetarische Ernährung besser fürs Klima?
  6. Sollte ich jetzt komplett auf Fleisch verzichten?
  7. Brauchen Kinder wirklich Fleisch?
  8. Woher kommen die Preisunterschiede bei Fleisch?
  9. Wie erkennt man beim Einkauf Qualität?
  10. Wie lagert man Fleisch richtig?
  11. Worauf muss man beim Grillen achten?
  12. Welche pflanzlichen Fleischalternativen gibt es?

1. Laut einer Studie der WHO sind Wurst und rotes Fleisch krebserregend. Stimmt das?

Im Herbst 2015 meldete die Weltgesundheitsorganisation WHO: Die Gefahr, an Krebs zu erkranken, erhöht sich durch den Verzehr von verarbeiteten Fleischwaren wie Wurst und möglicherweise auch durch den Verzehr von rotem Fleisch. Die Nachricht löste Verunsicherung aus. Wie gefährlich ist Fleisch wirklich?

"Betrachtet man die Krankheitsrisiken, dann ist Fleisch sicherlich eines der problematischsten Lebensmittel, das wir derzeit kennen", bestätigt Prof. Dr. Heiner Boeing vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE). Dennoch sieht der Experte keinen Anlass zur Panik. "Es gibt viele weitere Risikofaktoren für Krebs. Man kann Fleisch bedenkenlos essen, es kommt lediglich auf die Menge an."

2. Essen wir zu viel Fleisch?

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt, maximal 300 bis 600 Gramm Fleisch pro Woche zu essen. Das sind 15 bis 31 Kilogramm pro Jahr – und da liegt der Durchschnittsdeutsche deutlich drüber: Pro Kopf beträgt der Fleischverbrauch bei uns im Schnitt knapp 61 Kilo jährlich.

Und diese große Lust auf Fleisch hat Folgen für Umwelt und Tiere und fördere zum Beispiel die Massentierhaltung, warnen Experten immer wieder. Und wie steht es um unsere Gesundheit? "Wir essen wesentlich mehr Fleisch, als wir brauchen", sagt Prof. Dr. Heiner Boeing. "Um unseren Nährstoffbedarf zu decken reicht die Hälfte von dem, was wir aktuell zu uns nehmen. Aus gesundheitlicher Sicht gibt es keine Begründung dafür, mehr Fleisch zu essen, als die DGE es aktuell empfiehlt."

3. Ist Geflügel gesünder?

Hähnchen in Bräter mit Zitrone

Viele Diäten setzen auf Geflügel. Es ist fettärmer als rotes Fleisch und liefert wichtige Proteine. Aber ist es auch gesünder? "Geflügel zeigt zumindest nicht die Risikobeziehung zu Krebs, die zuletzt für verarbeitete Wurstwaren und rotes Fleisch erkannt wurde", erklärt Prof. Boeing.

"Es spricht also nichts dagegen, Geflügel zu essen. Aber daraus zu folgern, dass wir alle nur noch weißes Fleisch essen sollten, ist auch verkehrt. Es geht vielmehr um die Menge an sich. Wenn wir grundsätzlich unseren Fleischkonsum reduzieren, dann ist ein Mix aus rotem Fleisch und Geflügel völlig okay." Und gerade beim Geflügel steht auch immer wieder die Haltung und der Einsatz von Antibiotika in der Kritik. "Weniger ist mehr", sagt deshalb auch die Stiftung Warentest und mahnt: Die bisher üblichen Fleischmengen können unter tierschutzgerechten Haltungsbedingungen nicht weiter erzeugt werden. Die Experten raten Verbrauchern auch, beim Geflügelkauf auf Bio-Siegel zu achten.

4. Darf man nur noch Bio-Fleisch kaufen?

In einer Analyse von 60 Fleischstudien kamen Forscher der Newcastle University im Februar 2016 zu dem Ergebnis, dass Bio-Fleisch im Vergleich zu konventionell produziertem Fleisch etwas mehr gesündere Fettsäuren enthält. "Trotzdem hat Bio für mich weniger mit dem gesundheitlichen als vielmehr mit dem moralisch-ethischen Aspekt des Fleischkonsums zu tun", sagt Prof. Boeing.

"Es geht insbesondere darum, wie die Tiere gehalten und gefüttert werden – und da gibt es bei Bio einfach Unterschiede zur herkömmlichen Tierzucht. Die Haltungsbedingungen sind oft besser und das Futter hochwertiger." Die Tiere haben meist mehr Platz im Stall und auch der Auslauf im Freien ist anders geregelt. Das Mindestmaß an Anforderungen erfüllen Lebensmittel, die mit dem EU-Bio-Siegel gekennzeichnet sind. Verbände wie Demeter, Naturland oder Bioland haben jeweils zusätzliche Kriterien, die man auf den entsprechenden Webseiten nachlesen kann.

5. Ist eine vegetarische Ernährung besser fürs Klima?

Die Auswirkungen unserer Ernährung auf das Klima sind groß. Gerade die Produktion von Fleisch, der Transport und die Lagerung verursachen erhebliche Mengen an Treibhausgasen und verbrauchen wichtige Ressourcen wie Wasser. Auch für die Sojaproduktion als Futtermittel für die Tiere wird viel Fläche benötigt – und dafür insbesondere in Südamerika in großem Stil Regenwald abgeholzt.

"Wenn wir über Fleisch sprechen, müssen wir also zwingend auch über die Themen Klima und Nachhaltigkeit reden", findet Prof. Heiner Boeing. Er und andere Experten sind sich sicher, dass es erhebliche positive Konsequenzen für unser Klima hätte, wenn wir weniger Fleisch essen würden. Bevorzugt man dann noch Produkte aus der Region, bei denen lange Transportwege wegfallen, tut das der persönlichen Klimabilanz zusätzlich gut.

6. Sollte ich jetzt komplett auf Fleisch verzichten?

Ob man zum Vegetarier oder Veganer wird, ist und bleibt eine persönliche Entscheidung. "Aus gesundheitlicher Sicht gibt es keinen Grund für eine rein vegetarische Ernährung", bringt es Prof. Boeing auf den Punkt.

"Vergleicht man eine vegetarische Ernährung mit einem Überkonsum an Fleisch, dann ist sie sicherlich besser und gesünder. Und auch wer sich aus moralischen oder ethischen Gründen für eine fleisch- oder tierfreie Ernährung entscheidet, darf das natürlich tun. Aber nichts spricht dagegen, im Rahmen einer generell pflanzenbasierten Ernährung, kleine Mengen Fleisch zu essen. Denn auch wenn es ohne geht: Für eine gesunde Ernährung ist ein gewisser Fleischanteil wegen der Nährstoffe, die im Fleisch stecken, auf keinen Fall etwas Schlechtes."

Mädchen mit einem Fleischspieß in der Hand

7. Brauchen Kinder wirklich Fleisch?

Vegetarismus und Veganismus liegen weiter im Trend. Immer wieder wird dabei die Frage diskutiert, ob auch Kinder sich fleisch- oder sogar tierfrei ernähren sollen und dürfen. "Eltern müssen sich im Klaren darüber sein, wie man kritische Nährstoffe, die bei diesen fleischlosen Ernährungsformen zur Mangelware werden können, ersetzt", rät Prof. Boeing.

"Da sehe ich ein Problem, aber eher bei einer veganen als bei einer vegetarischen Ernährung. Denn wer komplett ohne tierische Produkte lebt, lässt gleich mehrere Nährstoffquellen weg, braucht Nahrungsergänzungsmittel, um Defizite auszugleichen und sollte regelmäßig beim Arzt mögliche Mängel ausschließen lassen. Und das gilt natürlich ganz besonders für Kinder, die sich im Wachstum befinden und ohnehin einen erhöhten Nährstoffbedarf haben", sagt der Experte, der für einen bewussten Genuss plädiert: "Eltern sollten Kindern ein gutes Ernährungsvorbild sein, ihren Sinn für gesunden Genuss schärfen, sie sich ausprobieren lassen. Und da darf für mich auch Fleisch in Maßen dazugehören."

8. Woher kommen die Preisunterschiede bei Fleisch?

Qualität hat ihren Preis, das gilt gerade und vor allem auch beim Fleischkauf. Ein ganzes Huhn für drei Euro – da kann man sich als Verbraucher recht sicher sein, dass das Tier nicht artgerecht gehalten wurde und kein hochwertiges Futter bekommen hat. Die moderne Massentierhaltung steht zunehmend in der Kritik, aber nur durch sie können die Händler die Niedrigpreise anbieten, nach denen immer noch viele Verbraucher verlangen.

Ein Teufelskreis. "Hinter gutem Fleisch aber steht ein Züchter, der sein Handwerk nicht nur versteht, sondern auch mit Leidenschaft lebt", sagt Wolfgang Otto vom Premium-Fleischversand Otto Gourmet. "Er entscheidet sich bewusst für genetisch gut veranlagte Tierrassen, lässt seinen Tieren aus Respekt genügend Zeit, sich voll zu entwickeln und sorgt für eine artgerechte Haltung und Fütterung. Und dieses Engagement schlägt sich nicht nur in einer besseren Qualität, sondern eben auch in einem höheren Preis nieder."

9. Wie erkennt man beim Einkauf Qualität?

Wer ist der Züchter und wie wurden die Tiere gefüttert und gehalten? In welchem Alter wurden sie geschlachtet, wie lange durfte das Fleisch reifen? Das alles sind Kriterien, die die Qualität des späteren Produkts beeinflussen. "Die Rückverfolgbarkeit dieser Punkte ist wichtig", sagt Wolfgang Otto. Und Fleischkauf ist vor allem auch Vertrauenssache.

"Am besten kauft man beim versierten Metzgermeister oder Fleischberater und fragt nach. Kann er detailliert Auskunft geben, dann kann man sich als Kunde relativ sicher sein, hier Fleisch guter Qualität zu bekommen", so der Experte. Auch Bio-Siegel können, gerade bei abgepacktem Fleisch, Orientierung geben.

10. Wie lagert man Fleisch richtig?

Frisches Fleisch ist leicht verderblich und muss im Kühlschrank aufbewahrt werden – und zwar in der kältesten Zone, auf der Glasplatte direkt über dem Gemüsefach. Wichtig: Das Fleisch nach dem Einkauf direkt aus der Verpackung nehmen, da sich sonst schnell Bakterien vermehren.

Die Stücke abtupfen und in einer Dose mit Deckel oder einer Schüssel, die man mit Klarsichtfolie abdeckt, in den Kühlschrank stellen. Rindfleisch hält sich so maximal drei bis vier Tage, Geflügel ein bis zwei Tage, Hackfleisch sollte noch am Kauftag zubereitet werden.

11. Worauf muss man beim Grillen achten?

Beim Grillen können krebserregende Stoffe entstehen, zum Beispiel wenn Fett und Fleischsaft in die Glut tropfen. Deshalb raten Experten, Fleisch und Würstchen nicht direkt über die Glut zu legen oder aber sie in speziellen Grillschalen zuzubereiten. Gar nicht für den Rost geeignet ist geräuchertes oder gepökeltes Fleisch. Durch die hohen Temperaturen können sich bei Lebensmitteln, die Nitritpökelsalz enthalten, krebserregende Nitrosamine bilden.

Auch stark verbrannte Stücke sollte man immer großzügig abschneiden. Aber: "Wir essen doch nicht nur aus gesundheitlichen Gründen, sondern vor allem auch, weil es uns schmeckt und Genuss bereitet. Das darf man bei allen Gesundheits- warnungen nicht vergessen", sagt Prof. Heiner Boeing. "Nicht jeder krebser- regende Stoff löst auch automatisch Krebs aus. Deshalb gilt auch beim Grillen: Die Dosis macht das Gift. Grillen Sie gern – aber eben nicht zu oft."

12. Welche pflanzlichen Fleischalternativen gibt es?

Wer ab und zu oder dauerhaft auf Fleisch verzichten möchte, kann aus einer ganzen Reihe an Ersatzprodukten wählen. Großes Plus: Meistens enthalten auch die viel Eiweiß und dabei oft weniger Kalorien und Fett als Fleisch. Zu den Klassikern gehören neben Tofu und Tempeh aus Soja auch Lopino aus Süßlupinen und aus Weizeneiweiß hergestellter Seitan, der am ehesten eine fleischähnliche, faserige Konsistenz hat. Burgerfans bereiten fleischlose Patties zum Beispiel aus Grünkern zu; auch Haferflocken, vermengt mit etwas Brühe und geraspelten Zucchini oder Möhren, eignen sich dafür.

Längst mehr als ein Geheimtipp zum Grillen ist Halloumi. Das Besondere: Der Käse, der eigentlich aus Schafsmilch hergestellt wird, heute aber auch aus Ziegen- oder Kuhmilch erhältlich ist, behält auch bei Hitze seine relativ feste Konsistenz. Aus ihm kann man im Mix mit frischem Gemüse zum Beispiel vegetarische Schaschlikspieße herstellen und dann grillen. Im Trend sind zudem aktuell täuschend echte Fleischimitate, die als vegane Alternative zum Beispiel Hack, Würstchen, Filetstückchen oder Nuggets in Rezepten ersetzen können.

(ben)

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