Der Profi-Coach

Wenn ein wichtiger Mensch von uns geht

Von Uwe Pettenberg
Aktualisiert am 27. Dez. 2018
Trauer

Wenn ein Elternteil stirbt, kann das unerwartet schrecklich sein. Gut gemeinte Ratschläge von anderen versuchen häufig, die Trauer zu relativieren – das hilft dem Trauernden aber nicht weiter

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Wenn ein uns nahe stehender Mensch nach längerer Krankheit stirbt, glauben wir oft, dass wir vorbereitet sind. Die Dauer der Krankheit lässt uns glauben, dass wir uns mit dem bevorstehenden Ende auseinandersetzen können. Auch wenn jemand stirbt, der älter ist als wir, unsere Großeltern oder unsere Eltern zum Beispiel. Wenn wir selbst bereits erwachsen und auch nicht mehr wirklich jung sind, wenn das Ende absehbar ist, denken wir unter Umständen, ich weiß ja, das es so kommen wird, ich werde damit umgehen können.

Ich habe bereits beide Eltern verloren, meine Mutter schon vor vielen Jahren, meinen Vater erst vor kurzem. Und ich bin sehr dankbar für mein liebevolles Umfeld, das mir mit Mitgefühl und Liebe in dieser Zeit beisteht.

Von meinen Klienten höre ich jedoch oft, dass in unserer Gesellschaft offenbar allgemein davon ausgegangen wird, dass der Verlust eines alten Elternteils irgendwie weniger schlimm ist als andere Verluste. Die Botschaft scheint zu sein, dass tiefe Trauer um einen Elternteil nicht so richtig angemessen ist.

Der natürliche Lauf der Dinge

Schließlich ist der Tod der Eltern Teil der ganz natürlichen Ordnung innerhalb des Systems, in dem wir leben. Es ist die logische, natürliche Abfolge von Leben und Sterben. Unsere Eltern waren vor uns da, also sollten sie auch vor uns gehen. Geschieht es in der umgekehrten Reihenfolge, geht es gegen die Ordnung und fühlt sich nicht richtig an.

Es wird von uns erwartet, dass wir einfach akzeptieren, dass Eltern vor uns sterben. Es wird erwartet, dass wir gefasst sind, dass wir die Wunde schnell heilen lassen, dass wir weitermachen. Und wir sollten nicht zu lange brauchen, um darüber hinwegzukommen.

Ganz sicher ist dies der natürliche Lauf der Dinge. Ich wäre bestimmt der Letzte, der das bestreiten wollte. Dennoch kann es nicht sein, dass von uns erwartet wird, dass wir uns zusammenreißen und so bald wie möglich wieder funktionieren! Im Gegenteil, der Tod von Mutter oder Vater ist für die meisten von uns sehr schwer zu verkraften, wenn wir eine gute Beziehung zu ihnen hatten – und oft noch schwerer, wenn die Beziehung problematisch war, wenn Konflikte nicht gelöst wurden, wenn es noch etwas Unausgesprochenes zu sagen gegeben hätte oder wenn wir keine Zeit mehr hatten, uns zu verabschieden.

Wir können nicht wissen, wie es sein wird

Wenn ein Elternteil stirbt, kann das unerwartet schrecklich sein und für jede Menge inneren und äußeren Aufruhr im Leben einer erwachsenen Tochter oder eines erwachsenen Sohnes sorgen. Ein solcher Verlust kann uns trotz allem völlig überraschend treffen – und wenn wir noch so überzeugt davon waren, dass wir uns vorbereitet haben.

Schließlich wissen wir nicht, wie es sein wird. Wir haben noch nicht erlebt, wie es ist, wenn Mutter oder Vater oder gar beide nicht mehr da sind. Wenn diese festen Größen, die wir ganz lange als selbstverständlich in unserem Leben hingenommen haben, gehen, können wir gar nicht vorbereitet sein. Dann hilft es nicht, wenn jemand sagt, es war doch absehbar, Du hast doch gewusst, dass das Ende naht.

Daher sind hier heute meine ganz persönlichen Tipps wenn Mutter oder Vater von uns gegangen sind:

  • Erwarten Sie nicht, dass Sie vorbereitet sein werden. Sie werden es nicht sein.
  • Lassen Sie nicht zu, dass andere Ihren Verlust relativieren und kleiner machen wollen als er ist – so gut das oft gemeint ist. Sie müssen sich nicht schuldig fühlen und auch nicht durch die Trauerzeit hetzen. Sie haben alles Recht der Welt, die Trauer und den Verlust in all seiner Intensität zu spüren, und zwar so lange wie es eben dauert.
  • Die Trauer um ein Elternteil kann emotional sehr anstrengend und auslaugend sein. Sorgen Sie für sich. Vielleicht finden Sie kleine Rituale, die sie an den oder die Verstorbene denken lassen und das Verabschieden sanfter machen. Das könnte ein Bäumchen sein, das Sie in Erinnerung pflanzen, ein Stein, den Sie mit sich tragen oder etwas Persönliches, das Sie auf Ihren Schreibtisch stellen.
  • Trauerarbeit braucht Zeit. Sie können die Trauer nicht beschleunigen. Und ein bischen Trauer bleibt wahrscheinlich immer.
  • Seien Sie nicht überrascht, wenn Sie auch als Erwachsener jetzt Gefühle des Verlassenseins und der Unsicherheit erleben. Sprechen Sie mit Ihrem Partner oder einem guten Freund darüber.
  • Vergessen Sie nicht: Auch wenn sie gegangen sind, werden Ihre Eltern immer Teil Ihres Lebens sein. Sie werden immer Ihr Sohn, Ihre Tochter sein.
  • Suchen Sie sich Unterstützung von Menschen, die dies bereits erlebt haben. Verständnis von unseren Mitmenschen tut gut; es wird den Schmerz nicht minimieren, doch das Mitgefühl tröstet und wir spüren, dass wir nicht alleine sind.

Ja, es ist der natürliche Lauf der Dinge, dass Eltern sterben. Und wir sollten uns alle Zeit und auch den Raum nehmen, die wir brauchen, um zu trauern und uns zu verabschieden.

Herzlichst,

Ihr Uwe Pettenberg

 
Ich habe gerade im März meinen Vati verloren, drei Tage nach meinem 53. Geburtstag. Der Beitrag hat mir unheimlich geholfen. Ich weiß nicht ob ich jehmals die Traurigkeit ganz ablegen kann, mein Vati war mein großes Vorbild, mein Motivationpartner mein Ratgeber. Mein Leben hat sich total verändert, aber ich habe ihn bis zum Schluss nicht allein gelassen und jetzt tue ich alles für meine Mutti und trauer für mich ganz allein. Nein, man kann nicht darauf vorbereitet sein.
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