Food-Trends

Flüssiges Brot

Von EAT SMARTER
Aktualisiert am 27. Dez. 2018
Auch Schnaps lässt sich mithilfe von Brot zubereiten. © Ezio Gutzemberg - Fotolia.com
Auch Schnaps lässt sich mithilfe von Brot zubereiten. © Ezio Gutzemberg - Fotolia.com

Brot kann man auch in flüssiger Form genießen. Wie das gelingt? Food-Trendexpertin Hanni Rützler erklärt es in ihrem Blog-Beitrag für EAT SMARTER.

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In der griechischen Urfassung des „Vater unser“, des am weitesten verbreiteten Gebets des Christentums, hieß es noch: „Das für uns ausreichende Brot gib uns heute.“ In den späteren Übersetzungen ist fast überall vom „täglich Brot“ die Rede, das uns längst nicht nur „ausreichend“, sondern – obwohl wir vermutlich weniger beten als früher – in Überfülle „gegeben“ wird. 500.000 Tonnen Brot und Brötchen landen so jedes Jahr in Deutschland auf dem Müll; nur ein minimaler Teil davon wird an Tafeln gespendet oder als Tierfutter verwendet.

Das ist nicht neu, aber es häufen sich die Ideen und die praktischen Beispiele, wie man dies zumindest ein wenig ändern kann. Dass das Verheizen von altem Brot zur Strom- oder Wärmeerzeugung (wie es in manchen europäischen Großbäckereien üblich ist) sowie die Verarbeitung zu Biotreibstoff noch nicht der letzte Schluss nachhaltiger Weisheit ist, wird auch klar, wenn man einen Blick auf die kulinarischen Möglichkeiten der Weiterverwertung von Brot wirft. Restekochbücher auch mit dem Schwerpunkt Backwaren – wie etwa Camille Antoines „Bis zum letzen Krümel“ – gibt es schon seit einiger Zeit. Nun entdecken immer mehr Bäcker hochprozentige Synergien mit Brandweinherstellern.

Denn Altbrot ist auch eine hervorragende Basis für wohlschmeckende Spirituosen. Die Waldviertler Granitdestillerie etwa verarbeitet seit fünf Jahren die Schwarzbrotretouren der Bäckerei Kasses zu einem Edelbrand. Zehn Kilogramm Brot ergeben einen Liter hundertprozentigen Alkohol, also circa 2,4 Liter trinkfertigen Schnaps. Pro Jahr werden so etwa 200 Liter Brotschnaps hergestellt. Auch die Gottschaller Biohofbäckerei aus Niederbayern kooperiert mit einem österreichischen Edelbrenner: Josef Farthofer macht aus den Gottschaller Weißbrotresten seinen nach frischem, hellem Baguette und reifen, gelben Früchten und Bananen duftenden „Bread Spirit White“. Und der erfreut sich mittlerweile nicht bloß bei Liebhabern exquisiter Destillate großer Beliebtheit, sondern auch beim niederösterreichischen Schokoladenproduzenten STYX, der den Brotschnaps für seine eigens kreierte Brotschokolade verwendet. Womit das Retourbrot mehrmals sinnvolle Anwendung findet.

Abseits der Berliner Szenegastronomie hierzulande noch kaum herumgesprochen hat sich eine andere flüssige Brotverwertungsmöglichkeit, die insbesondere in Russland und der Ukraine eine lange Tradition hat und auch heute noch das heimliche Nationalgetränk in Putins Reich ist: Kwass, das sogenannte russische „Brotbier“, erfreut sich seit dem 16. Jahrhundert als wohlschmeckendes Getränk stetig wachsender Beliebtheit. Durch Vergärung von Wasser, Altbrot und Zucker entsteht ein mit Kräutern versetztes Erfrischungsgetränk mit geringem Alkoholgehalt, das in seiner Konsistenz und Säure ein wenig an Apfelwein erinnert. In Coca-Cola-freien Sowjetzeiten war Kwass mit dem Geschmack „prickelnden Roggenbrots“ ein erfrischender Ersatz für westliche Industrie-Softdrinks. Nun soll es – geht es nach dem hessischen Kwass-Pionier Christian Dörner, der sein „Russian Soda“ in Bad Homburg produziert – auch in Deutschland Furore machen. Neugierige und Experimentierfreudige müssen sich nicht in Szenekneipen auf die Suche nach dem „Brotbier“ machen. Ein Rezept zum Selbermachen finden sie auf der Website „Russia Beyond the Headlines“.

Wohl bekomms!

Ihre Hanni Rützler

 

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