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Wie Darmbakterien unsere Gesundheit beeinflussen

Von EAT SMARTER
Aktualisiert am 02. Aug. 2022

Der menschliche Darm wird von circa hundert Billionen Bakterien bevölkert. Sie übernehmen nicht nur wichtige Verdauungsaufgaben, sondern beeinflussen eventuell auch Körpergewicht und Verhalten. Die Bakterien-Erforschung steht jedoch erst am Anfang.

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Darmbakterien

Galt der Darm lange als eine Art Schmuddelkind des Körpers, so erlebt das komplexe Verdauungsorgan seit mehreren Jahren einen Hype: „Darm mit Charme“ ist ein Beststeller, ebenso Bücher, die eine spezielle „Darm-Diät“ propagieren. Im Mittelpunkt des Interesses stehen die Darmbakterien, auch als Mikrobiom bezeichnet.

Ein gesundes Gleichgewicht der Darmbakterien, so der Tenor in Publikums- und Fachpublikationen, sorgt für gute Abwehrkräfte, schützt vor Übergewicht und Krankheiten wie Diabetes oder Depressionen.

Dass Darmbakterien eine wichtige Rolle im Organismus spielen, steht fest. Doch übertriebene Erwartungen sind noch fehl am Platze, warnen Forscher, die sich mit dem Mikrobiom befassen. Es gebe „einfach noch zu viele Widersprüche“, sagte beispielsweise Dirk Haller von der TU München gegenüber Spektrum der Wissenschaft. Die meisten Erkenntnisse zum Mikrobiom werden bislang in Mäusestudien gewonnen, die sich nicht 1:1 auf den Menschen übertragen lassen. Zumal sind mehr als die Hälfte der Bakterien im Darm noch völlig unbekannt.

Versprechungen, dass sich die Darmflora „optimieren“ oder „auf schlank programmieren“ lässt, sind also mit dem aktuellen Forschungsstand noch nicht angebracht. Doch es gibt einige spannende Forschungsergebnisse, die wir Ihnen exemplarisch vorstellen möchten:

1) Darmbakterien und ihre Rolle bei individuellen Diätplänen

Forscher der Universität Kopenhagen haben herausgefunden, dass die Zusammensetzung des Mikrobioms eine wichtige Rolle im Zusammenhang mit Übergewicht und personalisierten Diätplänen spielen kann. Für die Studie wurden 54 Probanden über sechs Monate begleitet. Im ersten Step ernährten sich 31 Probanden über 26 Wochen nach den Maßgaben der „New Nordic Diet“, die auf viel frisches Gemüse und Obst, Nüsse, Beeren sowie Fisch setzt.  Die anderen 23 Probanden aßen eine Diät, die den Empfehlungen der Dänischen Gesellschaft für Ernährung folgte. Das Ergebnis: Die „Nordic-Diet“-Gruppe verlor durchschnittlich 3,5 Kilo, während es bei den Probanden der traditionellen Diät 1,8 Kilogramm waren.

Im zweiten Schritt wurden die Studienteilnehmer gemäß ihrem jeweiligen Vorkommen zweier Darmbakterienstämme in Gruppen geteilt. Dabei stellten die Forscher fest, dass die Teilnehmer, die einen hohen Anteil des Bakteriums „Prevotella“ im Mikrobiom hatten, durch die New Nordic Diet 3,5 Kilo mehr abnahmen als durch die traditionalle Diät. Probanden, die mehr Bakterien des Typs „Bacteroidacetes“ aufwiesen, nahmen jedoch durch die Nordic Diet nicht mehr ab als durch die traditionelle Diät.

Da angenommen wird, dass etwa die Hälfte der dänischen Bevölkerung mehr Prevotella als Bacteroidacetes im Darm beherbergt, "zeigt die Studie, dass nur die Hälfte der Menschen abnehmen wird, wenn sie sich an die offiziellen Ernährungsempfehlungen halten“, wie Studienleiter Mads Fiil Hjorth zusammenfasst. Biomarkern wie Stuhlproben und Blutproben, so die Verfasser der Studie, sollte eine größere Bedeutung bei der Entwicklung individueller Ernährungs- und Bewegungspläne beigemessen werden. Diesen Ansatz weiter zu erforschen dürfte zu spannenden Ergebnissen führen.

2) Verlust von Darmbakterien über Generationen

Welche Folgen die ballaststoffarme Ernährung in den westlichen Industrieländern womöglich hat, wies eine Forschergruppe der Universität Stanford in einem Mäuse-Experiment nach: Eine Gruppe Mäuse mit einer vermenschlichten Darmflora wurde zunächst sechs Wochen auf eine ballaststoffarme Kost gesetzt. Analysen des Mäusekotes ergaben, dass sich nach dieser Zeit die Vielfalt der Darmbakterien deutlich verringert hatte. Wieder auf ballaststoffreiche Kost umgestellt, erholte sich die Darmflora der Mäuse zwar, doch es stellte sich nicht mehr die Vielfalt wie vor Beginn des Experimentes ein.

Noch dramatischer wirkte sich dies in der Kinder- und Enkelgenerationen aus: Von Generation zu Generation nahm die Vielfalt der Darmbakterien ab. In der vierten Generation erholte sich die Darmflora nach dem Umstellen auf ballaststoffreiche Kost nur noch sehr geringfügig. Nur durch eine Stuhl-Transplantation konnte die ursprüngliche Vielfalt wiederhergestellt werden.

Übertragen auf den Menschen lässt sich bereits beobachten, dass bestimmte Darmbakterienstämme, die man beispielsweise bei Urvölkern findet, in der westlichen Welt bereits ausgestorben sind. Ob die geringere Vielfalt ein Nachteil ist, muss noch erforscht werden. „Momentan gehen Wissenschaftler davon aus, dass der Darm wie ein Ökosystem in der Natur ist - da ist hohe Diversität immer vorteilhaft. Aber das ist nur eine These“, bestätigt der Gastroenterologe, Neurowissenschaftler und Arzt Emeran Mayer in einem Spiegel-Interview.

3) Darmbakterien an der Sättigung beteiligt?

Französische Wissenschaftler haben 2016 die Wirkungsweise des Darmbakteriums Escherichia coli (E. coli) auf das Sättigungsgefühl des Menschen untersucht. In Zell- und Tierversuchen zeigten sie, dass E. coli-Bakterien etwa 20 Minuten nach dem Essen Signale aussenden, die auf ähnliche Weise wie der Körper ein Sättigungsgefühl bewirken und den Hunger mindern.

In dieser Phase produzierten die Bakterien andere Proteine. Unter anderem stieg der Gehalt eines Proteins an, das einem Hormon ähnelt, welches die Sättigung fördert und den Hunger hemmt. Die Forscher verabreichten diesen Protein-Mix anschließend Ratten, bei denen sich daraufhin der Gehalt bestimmter Hormone änderte, die an der Regulation der Nahrungsaufnahme beteiligt sind.

Diese Änderung der Proteine habe sich direkt auf die Nahrungsaufnahme von Mäusen ausgewirkt, wie die Wissenschaftler im Fachblatt "Cell Metabolism" berichten. "Unsere Studie zeigt, dass bakterielle Proteine von E. coli in die gleichen molekularen Pfade involviert sein können, die der Körper nutzt, um Sättigung zu signalisieren", so der Studienleiter.

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