Juni 2019, John Hopkins Medicine

Hilft die Keto-Diät bei Alzheimer?

Von Cornelia Brammen
Aktualisiert am 06. Dez. 2024

Große Mengen Fett, kaum Kohlenhydrate: Die sogenannte ketogene Diät hat scheinbar positive Auswirkungen auf die Gehirnfunktion und das Gedächtnis. Darauf deutet nun eine spannende Pilotstudie an älteren Erwachsenen mit leichten kognitiven Problemen hin, die eine frühe Alzheimer-Krankheit vermuten lassen.

share Teilen
print
bookmark_border URL kopieren

Worum ging es bei dieser Studie?

  • 5,8 Millionen US-Amerikaner haben Alzheimer. Bis 2050 rechnen Wissenschaftler mit einem Anstieg auf 14 Millionen. In Deutschland könnten bis dahin 3 Millionen Menschen an dieser Form der Demenz erkranken. Die Bundesregierung gibt zweistellige Millionenbeträge für Forschung zu Prävention und Therapie aus. Denn in einer alternden Gesellschaft ist die Ausbreitung von Demenz eine volkswirtschaftliche und gesellschaftliche Herausforderung. 
  • Demenz gehört zu den erworbenen Erkrankungen. Ernährung ist bei der Entstehung ein zentraler Punkt. Nach allem, was die Wissenschaft zur Entstehung von Alzheimer herausgefunden hat, spielt der Glucose-Stoffwechsel eine große Rolle.
  • Die Studie beleuchtet den angenommenen Zusammenhang zwischen einer ketogenen Diät und kognitiven Leistungen von Patienten mit einer leichten Form der Alzheimer-Erkrankung.

Wie lautet die zentrale Forschungsfrage?

  • Kann eine ketogene Diät mit viel Fett und wenig Kohlenhydraten bei Alzheimer-Patienten im frühen Stadium die kognitiven Leistungen verbessern?

Wie viele Probanden nahmen teil?

  • Es liegt auf der Hand, dass Forschung mit Demenz-Patienten sehr kompliziert ist. Zweieinhalb Jahre brauchte das Forscherteam, um 27 Probanden zu finden, die bereit waren, an der zwölfwöchigen Studie teilzunehmen. Entweder hatten sie selbst ihr Einverständnis gegeben oder Familienangehörige, die jeweils als Partner die Untersuchung unterstützten.
  • Tatsächlich nahmen dann 14 Menschen teil, darunter sieben Frauen und sieben Männer mit einem Durschnittsalter von 71 Jahren. Eingebunden in die Untersuchung waren ihre Partner und Partnerinnen, die das Einhalten der Diät sicherstellten.

Welche Methode wurde angewandt?

  • Es handelt sich um eine klinische Beobachtungsstudie mit einer Kontrollgruppe.
  • Neun Probanden waren angewiesen, ihre Ernährung so umzustellen, dass sie täglich maximal 20 Gramm Kohlenhydrate zu sich nahmen (übliche Menge: 200 und 300). Die angestrebte Keto-Diät stellte also eine massive Ernährungsumstellung dar.
  • Fünf Probanden sollten sich gemäß den Empfehlungen der meditarrenen Diät mit viel Obst, Gemüse, halbfetten Milchprodukten, Vollkorn, Fisch und Hühnchen ernähren.
  • Alle Probanden führten Ernährungstagebücher mithilfe ihrer PartnerInnen.
  • Zu Beginn der Studie sowie jeweils nach drei, sechs, neun und zwölf Wochen untersuchte das Forscherteam Urinproben der Probanden auf ihren Keton-Gehalt als Marker für einen Stoffwechsel, der statt auf Zucker auf Fett zurückgreift.
  • Alle StudienteilnehmerInnen absolvierten zu Beginn, in der Mitte und am Ende der zwölfwöchigen Diätphase neuropsychologische Memory-Tests.

Leckere Keto-Diät-Rezepte

Was sind die wichtigsten Ergebnisse?

  • Nach sechs Wochen Keto-Diät war die Erinnerungsleistung der Probanden deutlich besser als zu Beginn. Gleichzeitig hatten sie den höchsten Keton-Anteil im Urin.
  • Die Fähigkeit, sich an Dinge zu erinnern, die ihnen ein paar Minuten zuvor gezeigt wurden, hatte sich um 15 Prozent bei den Probanden gebessert, die sich Low Carb ernährt hatten.
  • Die Ernährungsprotokolle zeigten deutlich, wie schwer es den Probanden gefallen ist, auf Kohlenhydrate zu verzichten. Die angestrebten 20 Gramm täglich erreichte niemand. Der niedrigste Wert waren 38,5 Gramm. Dennoch war der Zusammenhang zwischen einem Anstig der Keton-Körper im Urin und einer verbesserten Erinnerungsfähigkeit nachvollziehbar.

Wer hat die Studie finanziert und durchgeführt?

  • Die William and Ella Owens Medical Research Foundation, die BrightFocus Foundation und das National Center for Advancing Translational Sciences mit Unterstützung des Hass Avocado Board, das Avocados für die Studie beisteuerte. Außerdem kam finanzielle Unterstützung von Nutricia und Vitaflo, Unternehmen, die medizinische Ernährung herstellen.

Wo ist die Original-Studie zu finden?


Begriffe: Was ist/sind eigentlich...?


Wie bewertet EAT SMARTER diese Studie?

  • Schwieriges Setting, spannendes Ergebnis: Angesichts der ethischen und logistischen Herausforderung, an Demenz erkrankte Menschen für eine klinische Studie zu gewinnen, für die sie ihre Ernährung drastisch umstellen und protokollieren müssen, sind die Forschungsergebnisse bahnbrechend. 14 Probanden sind für dieses Forschungsthema viel. Auch wenn es sich nicht um eine Doppelblindstudie handelt, gab es doch eine Kontrollgruppe.
  • Interessierte Unternehmen: Forschungsgelder kamen von zwei Unternehmen, die medizinische Ernährung herstellen. Sie haben ein großes Interesse an den Ergebnissen. Forschungsleiter Jason Brandt schlägt in seinen Stellungnahmen sogar direkt den Bogen zu Medikamenten, mit denen sich Ketonkörper supplementieren lassen. Schwierige Ernährungsumstellung auf der einen Seite und eine kleine Pille auf der anderen – keine Frage, wohin die Reise geht.
  • Klare Ernährungsempfehlung für uns alle: Alzheimer ist eine Bedrohung für jeden von uns. Die Studie zeigt deutlich, dass eine ketogene oder auch Low-Carb-Ernährung die Denkleistung steigert – sogar bei Alzheimer-Patienten. In der Parkinson-Therapie hat sich diese Diät inzwischen auch bewährt. Vorbeugend macht es Sinn, weniger Kohlenhydrate zu essen oder sogar ab und zu ketogene Phasen einzuhalten.
Schreiben Sie einen Kommentar